Behauptung, Vorurteil:
"Nur der Export generiert Wachstum!"
Richtigstellung:
Es
ist schier unbegreiflich, in welchem Umfang und mit welcher Phantasie
immer wieder neue Argumente erfunden werden, um den Aberglauben an
den Nutzen der Globalisierung (dem Zollabbau) zu
nähren. Auch
in Talkshows wird mittlerweile immer öfter die Behauptung
aufgestellt, allein der Export ermögliche ein
Wirtschaftswachstum. Das Erschreckende: Keiner der Gäste wagt
derlei unlogischen Leitsätzen zu widersprechen, so dass sich
dieser verhängnisvolle Unsinn wie ein Virus immer weiter
ausbreiten kann.
Doch betrachten wir die Sache einmal ganz
unvoreingenommen: Deutschland
hat in den letzten vier Jahrzehnten ganz auf den Export gesetzt. Das
Wirtschaftswachstum fiel dennoch mehr als bescheiden aus und die
eigentlich wirkliche relevante Messlatte, nämlich die
Entwicklung der inflationsbereinigten Nettolöhne und Renten,
bestätigt gar einen stark negativen Trend. Deutschland befindet
sich seit langem in einem Teufelskreis, in einer gefährlichen
Exportabhängigkeit.
Im
globalen Dumpingwettbewerb entsteht echtes Wachstum nur in den
Billiglohnländern - die alten Industriestaaten können sich
nur retten, indem sie ihre Einkommenserwartungen
trotz steigender Produktivität immer weiter
herunterschrauben.
Auch
aus einer anderen Perspektive heraus erweist sich die Parole
"Wachstum geht nur über den Export" als dummes Gerede. Man
stelle sich einmal bildlich vor, Deutschland wäre die einzig
bewohnbare Oase auf der Erde, rundherum gäbe es nur Wasser
und Wüsten. Ein Export wäre also nicht möglich, weil
es keine anderen Länder gibt. Glaubt jemand wirklich, dass in
einer solchen Konstellation ein Wirtschaftswachstum ausgeschlossen
wäre, es keinen technischen Fortschritt und steigenden
Wohlstand geben könnte? Würden in diesem einzig bewohnbaren
Land die Menschen ewig auf Steinzeitniveau leben müssen? Sicher
nicht!
Die aktuelle Situation weltweit und vor allem in den Krisenländern lehrt uns gerade, wie schnell Exportmärkte zusammenbrechen können (durch Krisen oder Verlust der Konkurrenzfähigkeit), während die Importabhängigkeit oftmals bestehen bleibt. Der Export-Wachstumsglaube hat bereits so manches Land in den Ruin getrieben und noch immer werden keine Lehren daraus gezogen.
Um ein mageres Wirtschaftswachstum zu erzielen, bedurfte es seit 2009 einer hochriskanten Billiggeldschwemme und skandalösen Nullzinspolitik. Wann bricht dieses Kartenhaus der Unmoral endgültig in sich zusammen? Wann werden die Bürger über die furchtbaren direkten und indirekten Auswirkungen der Transferunion aufgeklärt? Hoffen die Verantwortlichen auf das große Wunder oder einfach darauf, dass der Zusammenbruch erst nach ihrer Amtszeit stattfindet?
Impressum
© Manfred Julius Müller, Flensburg,
Erstveröffentlichung September 2020
Anmerkung:
Der Sinn einzelner Thesen erschließt sich oft erst im
Zusammenhang mit anderen Artikeln des Autors. In einem einzelnen
Aufsatz können nicht jedesmal alle Hintergründe und
Grundsatzüberlegungen erneut eingeflochten werden.
Bücher
von Manfred Julius Müller
Das
Grundübel bei einem Kurswechsel (z. B. Wiederbelebung der
Zölle): Sowohl Politik als auch Bevölkerung denken nur an
die vordergründigen, kurzfristigen Veränderungen, die den
bisherigen Lebensstil beeinflussen könnten (z. B.
geschürte
Teuerungsängste).
Die positiven Folgewirkungen, die durchdachte Reformen erst im Laufe
der Jahre voll entfalten, werden kaum gesehen.